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Big Data`s Chancen für den Handel, Best Practices und Datenschutzaspekte – diese Themen stellte der Handelsverband unter dem Titel „Big Data – Flut und Segen“ in den Mittelpunkt des Handelskolloquiums am 15. April 2015. Rund 130 hochkarätige Gäste und ExpertInnen folgten der Einladung in das Tagungszentrum des Schloss Schönbrunn. Fazit: Die Daten und Technologien sind da – nun gilt es, das individuelle Geschäftsmodell zu finden und die Prozesse anzupassen. Erfolgreiche Best Practices weisen schon heute den Weg.

„Reinvent or die!“ Mit diesen Worten eröffnete Dr. Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbands, das diesjährige Handelskolloquium. Der Handel ist im Umbruch und nur wer neue Wege geht, wird überleben. Einer dieser neuen Wege könnte Big Data sein – jedenfalls könnten die riesigen Datenmengen zahlreiche Antworten geben – vorausgesetzt, man weiß die richtigen Fragen zu stellen.

Was ist eigentlich Big Data?

Daniel Cronin, Vorstandsmitglied von AustrianStartups e.V. und Moderator des Kongresstages, bemühte Wikipedia: „Big Data sind Datenmengen, die zu groß oder zu komplex sind oder sich zu schnell verändern, um sie händisch auszuwerten.“ Ein weiterer Aspekt der sich wandelnden Begrifflichkeit: „Big Data ist ein Komplex an Technologien, die zum Auswerten der Daten verwendet werden.“ Big Data ist also ein Schlagwort mit vielen Definitionen, ein bisschen „Wilder Westen“, so Cronin, ganz sicher aber herrscht „Goldgräberstimmung“, denn jeder will diese Ader schürfen.

Muster statt Linearitis

Eine ganz andere Definition von Big Data lieferte Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts. Big Data sei das Gegenmodell zur „Linearitis“. Mit diesem Begriff beschreibt er den Irrglauben der Menschen, die Welt verändere sich linear, in der Zukunft würde alles so weitergehen wie bisher – nur mehr. Big Data hingegen sei der Versuch, in einer Riesenmenge an Daten Muster zu erkennen, die Logik hinter den keineswegs linearen Bewegungen der Welt und der Menschen zu verstehen. „Wenn ich diese Logik in einen Algorithmus übersetzen kann, dann kann ich die Zukunft prognostizieren.“ Und genau dabei geht es letztendlich: Darum, Vorhersagen zu treffen, Verhalten zu prognostizieren und sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Königsdisziplin: Marktdaten und Prognosen

Die Königsdisziplin von Big Data lautet: Predictive Analytics. Ziel aller Bemühungen ist es schließlich, bessere Entscheidungen zu treffen und einen Schritt voraus zu sein. Imposante Best Practices zeigen, dass dies schon heute möglich ist: Editel etwa befasst sich mit der Herausforderung, dass die meisten Out-of-Stock-Situationen ungenauen Verkaufsprognosen geschuldet sind. Das Unternehmen schafft mit seinen Lösungen für standardisierten Datenaustausch die Voraussetzungen für partnerschaftliche Prozesse zwischen Industrie und Handel, die Prognosen ermöglichen.

T-Mobile`s MotionLogic – Unbegrenzte Möglichkeiten für Standortplaner und Marketer

Alexander Gänsdorfer, T-Mobile Austria GmbH, und Werner Schörkhuber, T-Systems Austria GesmbH, erlaubten uns einen Blick auf ihr neues Produkt MotionLogic. Durch die Verknüpfung der Bewegungsdaten aus dem Mobilfunknetz mit den CRM-Daten der Konsumenten, etwa Alter, Geschlecht, Vertragsdaten, die Rückschlüsse auf ihr Einkommen zulassen etc., entstehen sogenannte Heat Maps, die detaillierte Frequenzanalysen für beliebige Standorte erlauben – outdoor wie indoor. Die Möglichkeiten für Standortplaner und Marketer sind unbegrenzt.

Otto & Blue Yonder – Business Intelligence par excellence über die gesamte Wertschöpfungskette

Geradezu meisterhaft geht auch die Otto Group mit ihren wöchentlich 300 Mio. Datensätzen um: Das Unternehmen arbeitet mit dem Business Intelligence Spezialisten Blue Yonder zusammen und setzt umfangreiche Datenanalysen für vielfältige Zwecke ein: Trends werden abgeleitet, Nachfrage- und Retourenprognosen erstellt, und die Systeme sind selbstlernend. „Wir optimieren sogar teilautomatisiert das Pricing und damit auch die Bestände, Umsatz und Rentabilität“, erklärt Moritz Corbelin, Head of E-Commerce Strategy der Otto Group. Die Erfolge sind messbar: 40% verbesserte Prognosen, 5% weniger Retouren, bessere Margen, mehr Neukunden.

Maßgeschneiderte Angebote für die Masse

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Big Data ist die Personalisierung. Migros in der Schweiz, HSE24 und stm (Société de transport de Montréal) haben eines gemeinsam: Sie alle investierten in die konsequente Datenintegration, um individuellere Kundenzugänge zu eröffnen und maßgeschneiderte, lokalisierte Angebote auszusprechen. Auch Zalando arbeitet am Prinzip „Curation“, also daran, den Kunden individuell zu beraten, mittels Big Data: Personalisierte, dem Typ und früheren Kaufverhalten entsprechende Angebote werden dem Kunden ausgespielt – gemischt mit aktuellen Trends, damit man nicht im ewig Gleichen verharrt.

Big Data ist vor allem eines: Jede Menge Arbeit

Nach all den schönen Cases holte Andreas Hladky, Gründer der point of origin, die Zuhörer wieder zurück auf den Teppich: Vor jedem Big Data Projekt steht die Qualität der Daten. Und das bedeutet vor allem eines: jede Menge Arbeit. Insbesondere dann, wenn Daten in historisch gewachsenen Alt- und Inselsystemen vorliegen. Ist die Qualität der Daten aber erst einmal sichergestellt und die Integration gelungen, dann gibt es fantastische Tools und fortschrittlichste semantische Analysen – um endlich zu wissen, welche Marketingmaßnahmen wirklich wirken.

Max Schrems: Die größte Lüge ist der „informierte Konsument“

Über besondere Herausforderung in Sachen Datenschutz wurde zum Schluss auf dem Podium diskutiert: Auch wenn Personendaten durch Nummern ersetzt werden – in Big Data liegen so viele Puzzlestücke und Detailinformationen vor, dass es ein Leichtes ist, Rückschlüsse auf die einzelne Person zu ziehen. Anonymität ist nicht gegeben. Gleichzeitig beschäftigt das Thema den Konsumenten stark, und als Vertrauensfrage eben auch den Handel. „Die größte Lüge ist der informierte Konsument“, erklärt Max Schrems, prominenter Facebook-Ankläger, und nimmt die Unternehmen in die Pflicht: „Oftmals liegt intern kein oder kaum Datenschutz-Know-how vor, aber man findet leicht Experten, die einem Rechtssicherheit garantieren.“ Alexandra Vetrovsky-Brychta, HEROLD Business Data, pflichtet bei: „Zu jedem Projektstart gehört eine gründliche Analyse – und dazu zählt eben auch der Legal Prozess“. Auch für Andreas Krebs vom Versicherer GrECo sollten Datenschutzüberlegungen Teil eines soliden Risikomanagements sein. Florian Größwang von WEIN & CO fasst sehr treffend zusammen: „Die grundsätzliche gesellschaftliche Diskussion ist wichtig, denn sie wirkt auf das Bewusstsein der Konsumenten ebenso wie auf das der Unternehmen.“

Rund 130 BesucherInnen aus dem Handel folgten der Einladung in das Tagungszentrum des Schloss Schönbrunn, darunter Stephanie Reimann (bauMax), Christian Prokopp (Gewusst wie Drogerie), Johannes Weinzierl (Hartlauer), Michael Sorré (REWE), Andreas Frick (SPAR), Rudolf Roitner (SSI Schäfer Shop) und Klaus Frahm (BestSecret).

Quelle: handelsverband.at